Wenn die SNB alle überrascht

Reto Staeheli, Mitglied der Geschäftsleitung von Trianon und Experte für schweizerische und ausländische Pensionsfonds, äussert sich zur abrupten Aufgabe der Franken-Kursuntergrenze zum Euro durch die Schweizerische Nationalbank.

Wie haben die Trianon-Teams und Ihre Kunden auf dieses Ereignis reagiert?

Aus Krisensituationen lernt man. In der Vermögensverwaltung ist es Teil des Metiers, dass man mit nicht voraussehbaren Veränderungen konfrontiert wird. Der monetäre Überraschungscoup der SNB ist ein gutes Beispiel dafür. Wir erleben das nicht zum ersten Mal. Getreu unserer Grundsätze nehmen wir zunächst eine systemische Kontextanalyse vor, bevor wir uns positionieren. Unsere Kunden haben zu Recht ohne übertriebene Besorgnis reagiert, und uns war stets klar, dass wir die Schockwelle an den Schweizer Finanz- und Wirtschaftsmärkten insgesamt zu Ende verfolgen wollten, bevor wir weitere Schlüsse ziehen.

Aus welchen Gründen ist die Schweizer Zentralbank Ihrer Meinung nach zu dieser Entscheidung gekommen?

Dieser Schritt ist im Rahmen einer wirtschaftlichen Entwicklung und eines Kontexts mit starkem Devisendruck zu betrachten, wobei der Druck auf den Schweizer Franken besonders stark ist. Hat die Schweiz vielleicht angesichts der von der Europäischen Zentralbank verfolgten Politik der Währungsschwächung dafür optiert, ihr Schicksal nicht mehr an den Euro zu binden? Ein durchaus plausibles Szenario. Man entschloss sich für eine sehr drastische Massnahme, das ist wahr. Doch der Überraschungseffekt war nötig, um jede vorzeitige Reaktion von Tradern und Märkten mit nachteiligen Auswirkungen auszuschliessen. Für die Kunden der Trianon Sammelstiftung haben sich die Folgen zunächst in Grenzen gehalten, da unsere Vorsorgelösungen gegen das Währungsrisiko abgesichert sind; nach mehr als einem Monat scheint sich nun eine Anpassung abzuzeichnen. Nun dürften die Absicherungskosten mithin beträchtlich steigen, und dies ist eine Konsequenz, der man Rechnung tragen muss. Auf jeden Fall bleibt der Zeithorizont für Anlagen in der beruflichen Vorsorge ein langfristiger, was uns ungeachtet der Volatilität der Märkte bei der sehr breiten Diversifizierung zuversichtlich stimmt.

Und wie wirkt sich das auf Ihre Anlagepolitik aus?

Der Wechselkurs spielt in den Anlagestrategien keine massgebliche Rolle. Unsere Kunden und Bankpartner nehmen eine vorausschauende und gleichzeitig überlegte Perspektive ein. In diesem Sinn prüfen sie sämtliche Anlagesektoren daraufhin, ob das Risiko-Rendite-Verhältnis den Anforderungen ihrer Vorsorgeeinrichtung entspricht. Die Pensionskassen schätzen die Immobilie als Anlageinstrument, wenngleich Immobilien in der Schweiz recht teuer sind. Aktienanlagen sind nach wie vor attraktiv und können sehr unterschiedlich gewichtet werden. Im Licht der derzeit sehr niedrigen bis negativen Zinssätze ist im Vorsorgebereich Geduld und Umsicht gefragt, wobei Schutzmechanismen einzuhalten sind, wie sie die BVV 2 vorgibt. Was die Kunden der Sammelstiftung Trianon betrifft, so besteht die Tendenz, nur wenige Staatsanleihen zu kaufen und dafür Unternehmensanleihen, Aktien oder andere sichere Vermögenswerte mit Wachstumspotenzial etwas stärker zu gewichten.

Wie sehen Sie Ihre Anlagestrategie für die unmittelbare Zukunft, nachdem einige Banken bereits Negativzinsen auf Bareinlagen anwenden?

Die Entscheidung der SNB, die bei ihr gehaltenen Giroguthaben der Banken mit Negativzinsen zu belasten, um Druck vom Schweizer Franken zu nehmen, hat auch Auswirkungen auf institutionelle Anleger. Im Übrigen ist die Situation von Bank zu Bank unterschiedlich. Die Zinssätze können sich künftig je nach den Marktbedingungen in eine andere Richtung bewegen, wobei die Banken diese hinnehmen müssen und sie nicht beeinflussen können.

Im Rahmen der Trianon Sammelstiftung verfahren wir so, dass die Negativzinsen auf den Liquiditätskonten unsere Kunden nicht tangieren. Wir haben vorerst Absicherungen vorgenommen. Gleichwohl werden wir die Situation im Auge behalten, und dabei im Interesse aller unserer Kunden und Versicherten Entschlossenheit und Umsicht walten lassen.

Dass wir künftig mit höheren Schwankungsrisiken rechnen müssen, ist eine Tatsache. Der Vorsorgesektor muss diese Entwicklungen akzeptieren, wobei die Diversifizierung die Grundlage der Anlagesicherheit darstellt. Ziel der beruflichen Vorsorge und der Trianon Sammelstiftung ist, dass die Versicherten im Pensionsalter auf ihre Renten und Kapitalien zählen können. Wir haben es uns zur Mission gemacht, darüber zu wachen, dass dieses Ziel auch erreicht wird.

Was ist Ihre Botschaft an die Versicherten nach diesem Ereignis?

Dass die berufliche Vorsorge kein ruhig dahin fliessender Strom ist und dass unsere Bankpartner wie auch unsere Teams unentwegt daran arbeiten, die Entwicklungen zu verstehen sowie auf intelligente Weise und ohne Hast zu möglichen Umbrüchen Stellung zu nehmen. Die Schweiz steht in einer Wechselbeziehung mit den Wirtschaften anderer Länder, und wir haben die faszinierende Aufgabe, uns über die helvetischen Variablen hinaus für den Gang der Welt zu interessieren.

Auf jeden Fall stellt die Diversifizierung den besten Ansatz dar, um das Vermögen der Pensionskassen abzusichern. Im Rahmen der Trianon Sammelstiftung werden sämtliche Anlagestrategien durch die Vorsorgekommissionen unserer Kunden festgelegt, wobei ihnen anerkannte Bankpartner zur Seite stehen, ein Experte die Überwachung sicherstellt und ein Trianon-Team unter der Leitung eines Bankenrevisors sie begleitet und die Kontrolle gewährleistet.

Viele Länder beneiden die Schweiz um ihr Modell der beruflichen Vorsorge. Unsere privaten Pensionskassen sind finanziell gesund und zeigen noch heute, dass die Entscheidung der SNB sie langfristig nicht tangiert.

Reto Staeheli

Reto Staeheli